Fasten: Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie Ihre Diätologin …

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Fasten ist der Weg zur Schwäche, nicht zur Stärke.

François de La Rochefoucauld

Viele von uns setzen sich während der Fastenzeit ehrgeizige Ziele: sei es der Verzicht auf Süßigkeiten und Knabbergebäck oder der Wunsch, Gewicht zu reduzieren. Es lohnt sich einen genaueren Blick auf die potenziellen Risiken von Fasten und langfristigem Kaloriendefizit zu werfen, denn hinter den scheinbar harmlosen Vorsätzen verbirgt sich eine komplexe Reaktion, die weitreichende negative Auswirkungen auf unseren Körper und unseren Geist haben kann.

Sucht man den Begriff „Fasten“ oder „Kaloriendefizit“ im Internet, wird man regelrecht von einer Flut an Informationen überrollt. Zwischen trendigen Diäten und Erfolgsgeschichten scheint die eigentliche Frage unterzugehen: Was geschieht wirklich, wenn wir unseren Körpern eine langfristige Unterernährung zumuten? In diesem Blogbeitrag bringe ich euch die möglichen Risiken und Konsequenzen, die mit einem längerfristigen Kaloriendefizit einhergehen können, näher.

Was bedeutet Fasten?

Im Duden wird der Begriff „fasten“ wie folgt definiert: Sich für eine bestimmte Zeit ganz oder teilweise der Nahrung enthalten oder auf den Genuss bestimmter Speisen verzichten. Auch folgende Synonyme werden für diesen Begriff angeführt: abhungern, Diät halten, eine Abmagerungskur/Diät/Fastenkur/Schlankheitskur machen, hungern. (Duden o.J.)

Diese Begriffe klingen ja nicht gerade positiv, wenn du mich fragst?!

Die schädlichen Auswirkungen von Diäten, Fasten und kalorischer Restriktion wurden bereits vor vielen Jahren in Studien untersucht. Die wohl bekannteste Studie ist die Minesota Starvation Study aus dem Jahr 1950. Die männlichen Probanden wurden bezüglich ihrer Kalorienaufnahme streng reglementiert und mussten zusätzlich zu ihrer geringen Energieaufnahme körperlich anstrengende Arbeit verrichten. Die Auswirkungen waren nicht nur physisch erkennbar, durch eine verringerte Körpertemperatur und starkem Frieren, sowie Haarausfall und Schwindel, sondern vor allem auch psychischer Natur. Die Probanden litten unter depressiver Verstimmung, Apathie, Übellaunigkeit, Dysmorphophobie (gestörte Wahrnehmung des eigenen Körpers), begannen sich zurückzuziehen und zu isolieren (Keys et al. 1950).

Zudem führt der Versuch, die Nahrungsaufnahme zu kontrollieren, meist nicht zur gewünschten Gewichtsabnahme, sondern genau zum Gegenteil – langfristig betrachtet. Nicht zuletzt, da nach der Restriktion oft Heißhungerattacken und ein Hungergefühl, welches sich kaum stillen lässt, an der Tagesordnung stehen. Nicht verwunderlich, dass Studien wiederholte Diäten mit Gewichtszunahme und anderen negativen Effekten in Verbindung bringen (Stewart et al. 2022, 1 f.).

Was ist ein Kaloriendefizit?

Ein Kaloriendefizit tritt auf, wenn der Energieverbrauch deines Körpers höher ist als die zugeführte Energie durch die Nahrungsaufnahme. Wenn ein solches Szenario eintritt, muss der Körper kreative Wege finden, um dennoch reibungslos zu funktionieren und seine vielfältigen Aufgaben zu erfüllen. Hierbei greift er auf die körpereigenen Energiereserven zurück, um den täglichen Bedarf zu decken (Nüssgen 2022).

Dieser faszinierende Mechanismus des Körpers ermöglicht es uns, auch in Phasen des Kaloriendefizits vital zu bleiben. Doch hinter dieser scheinbaren Anpassungsfähigkeit verbergen sich auch komplexe biochemische Prozesse, die nicht ohne mögliche Risiken sind (Nüssgen 2022).

Die fatalen Folgen vom Fasten

Diäten bedeuten wesentlich mehr Stress für unseren Körper, als du dir vielleicht vorstellst. Unser biologisches Gleichgewicht gerät durcheinander, und der Versuch, Kalorien zu sparen, setzt eine Kaskade von Reaktionen in Gang. Zuerst einmal fährt der Ruheenergieverbrauch herunter – das ist die Menge an Kalorien, die wir verbrennen, wenn wir einfach nur existieren, also quasi im Chill-Modus sind. Unsere Muskeln werden auch besonders clever und effizient, was bedeutet, dass sie weniger Energie verbrauchen. Aber das ist noch nicht alles. Unser Körper versucht, den Mangel an Energie auszugleichen, indem er unseren Appetit erhöht. Plötzlich haben wir das Gefühl, ständig Hunger zu haben und das Verlangen nach Nahrung steigt. Das liegt nicht daran, dass wir zu willensschwach sind um das Fasten durchzuhalten – es sind einfach die komplexen biologischen Reaktionen, die uns dazu drängen, mehr zu essen. Nicht zu vergessen sind die hormonellen Veränderungen. Leptin, ein Hormon, das normalerweise ein Sättigungsgefühl auslöst, sinkt während einer Diät. Gleichzeitig steigt Ghrelin, das als „Hungerhormon“ bekannt ist. Dieses Ungleichgewicht der Hormone trägt zusätzlich dazu bei, dass wir uns ständig nach einem Snack sehnen, selbst wenn unser Magen eigentlich voll ist (Casanova et al. 2019, S. 2).

Des Weiteren kann längeres Fasten zu einem Anstieg von Stresshormonen wie Cortisol führen, was sich negativ auf den Körper auswirken kann. Auch die Funktion der Schilddrüse könnte durch das Fasten beeinträchtigt werden, was mögliche negative Auswirkungen auf den Stoffwechsel haben kann. Nebenbei können auch negative emotionale Auswirkungen auftreten. Dazu gehören Angst, Depression und erhöhte Reizbarkeit (Wang und Wu 2022, S. 4).

Fasten kann weiters zu Mangelernährung und Nährstoffdefiziten führen. Durch den Verzicht auf Nahrung bzw. starke Restriktion über einen längeren Zeitraum können wichtige Nährstoffe wie Proteine, Vitamine und Mineralstoffe nicht ausreichend aufgenommen werden, was zu ernsthaften gesundheitlichen Problemen führen kann (Longo et al. 2021, 50 f.). Ein weiteres Risiko ist der Muskelabbau und der Verlust von Körpermasse. Während des Fastens nutzt der Körper Muskelgewebe als Energiequelle. Dies kann zu einem Verlust an Muskelmasse und einer Verringerung der allgemeinen Körperkraft führen (Longo et al. 2021, S. 52). Langfristig kann das Fasten auch das Immunsystem beeinträchtigen. Eine unzureichende Nährstoffzufuhr und eine geschwächte Körperabwehr können das Risiko von Infektionen und anderen Krankheiten erhöhen (Longo et al. 2021, S. 51). Darüber hinaus besteht das Risiko, dass Fasten zu Essstörungen führen kann. Nicht jede Diät führt zu einer Essstörung, aber fast jede Essstörung hat mit einer Diät begonnen. Menschen, die regelmäßig fasten, können ein gestörtes Verhältnis zum Essen entwickeln und in einen Teufelskreis von restriktiven Essgewohnheiten geraten, was langfristig ihre körperliche und psychische Gesundheit beeinträchtigen kann (Menzel et al. 2010).

Ausblick

Insgesamt zeigt sich, dass Fasten über jede Dauer hinweg potenziell negative Auswirkungen auf unseren Körper, unseren Stoffwechsel und unsere Psyche haben kann. Während es verschiedene Ansätze und Methoden des Fastens gibt, sollten wir bedenken, dass unser Körper täglich Unglaubliches für uns leistet und eine kontinuierliche Versorgung mit Nährstoffen unabdingbar ist, um seine Funktionen zu unterstützen. Gleichzeitig ist es wichtig, auch unsere mentale Gesundheit zu pflegen, indem wir uns mit positiven Gedanken und Selbstfürsorge umgeben sowie unserem Körper mit Respekt und Fürsorge begegnen. So können wir sein Wohlbefinden langfristig fördern.

Halte dich in den kommenden 40 Tage, und auch danach von Diätgedanken fern und fokussiere dich stattdessen auf die wirklich wichtigen Dinge im Leben. Falls du noch Inspirationen für „Fastenideen“, die guttun brauchst, kannst du diese gerne auf meinem Instagram-Kanal @andrea.zarfl nachlesen. Dort findest du übrigens auch jede Menge Tipps zur intuitiven Ernährung und Körperakzeptanz.

Quellen

Casanova, Nuno; Beaulieu, Kristine; Finlayson, Graham; Hopkins, Mark (2019): Metabolic adaptations during negative energy balance and their potential impact on appetite and food intake. In: The Proceedings of the Nutrition Society (78), S. 279–289. DOI: 10.1017/S0029665118002811.

Duden (o.J.): Fasten. Hg. v. Cornelsen Verlag GmbH. Online verfügbar unter https://www.duden.de/rechtschreibung/fasten, zuletzt geprüft am 30.01.2024.

Keys A et al. (1950). The Biology of Human Starvation vol I & II. University of Minnesota. St. Paul: Minnesota.

Longo, Valter D.; Di Tano, Maira; Mattson, Mark P.; Guidi, Novella (2021): Intermittent and periodic fasting, longevity and disease. In: Nature aging 1 (1), S. 47–59. DOI: 10.1038/s43587-020-00013-3.

Menzel, J. E., Schaefer, L. M., Burke, N. L., Mayhew, L. L., Brannick, M. T., & Thompson, J. K. (2010). Appearance-related teasing, body dissatisfaction, and disordered eating: A meta-analysis. Body image, 7(4), 261-270.

Nüssgen, Carolin (2022): Kaloriendefizit: Das sind die Nebenwirkungen. Hg. v. Focus online. Focus online. Online verfügbar unter https://praxistipps.focus.de/kaloriendefizit-das-sind-die-nebenwirkungen_146223, zuletzt geprüft am 31.01.2024.

Stewart, Tiffany M.; Martin, Corby K.; Williamson, Donald A. (2022): The Complicated Relationship between Dieting, Dietary Restraint, Caloric Restriction, and Eating Disorders: Is a Shift in Public Health Messaging Warranted? In: International journal of environmental research and public health 19 (1), S. 1–14. DOI: 10.3390/ijerph19010491.

Wang, Yiren; Wu, Ruilin (2022): The Effect of Fasting on Human Metabolism and Psychological Health. In: Disease markers 2022, S. 1–7. DOI: 10.1155/2022/5653739

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